Christentum und Tierbefreiung
Von Barbara Hohensee:
Einleitung
Seit einigen Jahren gibt es in der so genannten Tierrechtsszene eine Auseinandersetzung um die Glaubensgemeinschaft „Universelles Leben“ (künftig UL). Die Frage taucht bizarrer Weise deswegen auf, weil das UL – im Gegensatz zu den herkömmlichen christlichen Organisationen – ausgesprochen tierfreundliche Positionen vertritt und in die Tat umsetzt. Einige atheistische und hierarchiekritische Tierrechtler lehnen das UL bis hin zur aktiven Bekämpfung ab. Unabhängig davon, dass ich die Prioritäten dieser Kämpfer gegen das UL nicht nachvollziehen kann, ist ihr Ausgangspunkt logisch – wenn Religion grundsätzlich falsch ist, gilt das natürlich auch für das UL. In Heft 57 der Tierbefreiung findet sich nun mit der christlich motivierten Stellungnahme „Christentum und Tierbefreiung?!“ ein neuer Akzent. Die Verfasserin wirbt – unter scharfer Ablehnung des UL – für eine (sonstige) Akzeptanz religiöser Argumentationen und Motivationen beim Thema Tierrechte. Dieser Aufsatz bedarf einiger kritischer Anmerkungen.
1.Terminologische Grundlagen
Auf den ersten Blick, so meint Frau Löhr (künftig L.), scheine es bei der Fragestellung „Christentum und Tierbefreiung?!“ um unvereinbare Widersprüche zu gehen. L., die sich als linke Christin versteht, sieht gleichwohl Anknüpfungspunkte. Dabei verwendet sie verschiedentlich Begriffe, die sie nicht erklärt und deren Inhalt nicht als allgemein bekannt vorausgesetzt werden kann. Den Begriff der Kirche versteht L., ohne ihn näher zu erläutern, institutionell. Für wichtiger als die Frage nach der Institution hält sie auf jeden Fall die nach der Religion. Die Rechnung „Christentum = Kirche“ gehe nicht auf. Interessant könnten die Fragen danach sein, was christliche Ethik ursprünglich gemeint habe und was im Laufe der Jahrhunderte durch machtpolitischen Missbrauch untergraben worden sei. Zur Ermöglichung eines Diskurses müsse man zwischen Kirche/Institution und Christentum/Glauben trennen und zwischen den Ideen und der Umsetzung differenzieren. Wichtig sei besonders die Abgrenzung von Sekten wie dem UL. Hier seien wachsame Analysen und klare Abgrenzungen notwendig. Weiterlesen »