18th August 2009

Stierkampf als Weltkulturerbe: Das Ende einer Zivilisation, olé!

Mallorca, ein Traumferienziel für viele. Jeden Tag strahlende Sonne bei wolkenlosem Himmel, tropische Temperaturen, weitläufige, feine Sandstrände, romantische Buchten, Flamenco, Sangria und Fiestas.

So schwärmte ein flüchtiger Bekannter, den ich im Supermarkt antraf, von seinem Urlaub in Mallorca. Dann berichtete er mir, dass er auch einen Stierkampf besucht habe. Für einen Augenblick war ich sprachlos, fühlte mich, als hätte er mir eine Ohrfeige gegeben und eine Welle unsagbare Wut stieg in mir hoch. Doch wusste ich ja nicht, zu welchem Zweck er den Stierkampf besuchte, vielleicht wollte er sich ein Bild machen von der Grausamkeit dieses bestialischen Spektakels, vielleicht arbeitete er ja an einer Dokumentation für eine Tierschutzorganisation oder war journalistisch tätig. Also fragte ich nach, was seine Beweggründe dafür gewesen waren. Mein Herz pochte dabei so stark, dass ich glaubte, er könnte es hören. Da gab er freimütig zu, dass er sich schließlich ein solches Event nicht entgehen ließe, wenn er schon mal in Spanien sei. Es sei «spannend» gewesen. Da stand ich nun, eine Tierfreundin und Tierschützerin, und wusste angesichts einer solchen Antwort nichts zu sagen. Mir blieben vor lauter Abscheu vor meinem Gegenüber die Argumente gegen den Besuch einer Stierkampfarena aus.

Das Quälen von Tieren: Ein legitimer Volksspaß
Dabei wollte ich dieses Jahr nach Mallorca, mit einem Rucksack mit Informationsmaterial und Flugblätter, um es an Touristen und Mallorquins an der Ostküste Mallorcas zu verteilen und den Dialog zu suchen. Unglücklicherweise wurde nichts aus meinem «Aktiv-Urlaub». Die Toreros aber sind glücklich: Endlich war es wieder soweit, die Saison für den Stierkampf ist eröffnet, das Blut kann fließen, die niedrigen Triebe befriedigt, «Männlichkeit» bewiesen werden! Jede Menge Fiestas dieser Art finden jährlich in Spanien ihr Publikum: Das Fiesta San Fermin in der baskischen Stadt Pamplona, das besonders wegen der brutalen Stierhatz und der während der Fiesta veranstalteten Corrida bekannt ist, das galizische Rodeo Rapa das Bestas, bei dem Wildpferden mit brutaler Gewalt die Mähne abtrennt wird, das Fiesta «Correbous», bei dem der Stier durch die Straßen gehetzt und mit Dartpfeilen beschossen wird, oder das Fiesta Toro de Fuego in Medinaceli, bei dem der Bulle mit einem Gestell mit brennenden Fackeln auf den Hörnern durch das Dorf gejagt wird oder „Toro de Vega“ in Tordesillas, bei dem ein ausgewählter Kampfstier auf ein Feld getrieben wird, wo Dutzende von Lanzenträgern auf das Tier einstechen und, und….

In den Medien wird wenig erwähnt über diese barbarischen Traditionen, die nichts anderes sind als eine legalisierte Form öffentlicher Tierquälerei. Nur die menschlichen Opfer werden beklagt, wie dieses Jahr wieder in Pamplona und anderswo.

Schon Kant und Schopenhauer verabscheuten Tierquälerei
Obschon nach Umfragen mehr als 70 % der Spanier gegen Stierkämpfe und diese Fiestas sind und sich viele Städte in Spanien, aber auch in Südfrankreich und Portugal, gegen die Stierkämpfe aussprechen und zum Teil verbieten, will die Stierkampflobby die Corrida als Immaterielles Weltkulturerbe unter den Schutz der UNESCO stellen. Quasi den Gütesiegel für das ritualisierte Morden von Stieren zugunsten einer sadistisch-geilen Spaßgesellschaft erhalten; allem voran um die Taschen der Macher dieses lukrativen Geschäftes zu füllen. Allein in Spanien beläuft sich der Jahresumsatz dieser «Branche» auf schätzungsweise 1,5 Milliarden Euro. Das Thema ließe sich nicht objektiv verhandeln, denn zwischen der Leidenschaft der Aficionados (Anhänger) und der Abscheu der Stierkampfgegner existiere kein neutrales Terrain, meint einer, der ein Buch über die Tauromachie geschrieben hat.

Gewiss, man kann über Ethik diskutieren, das taten schon die Philosophen in der Antike. Einige aus der Neuzeit, die wir noch heute sehr verehren, haben sich jedoch klar gegen die fehlende Ethik bei der Tierquälerei ausgedrückt: Nach Ansicht des deutschen Philosophen Immanuel Kant führe Tierquälerei zu einer Verrohung des Menschen und das Mitleid am Menschen würde abgestumpft. Die Grausamkeit gegen die Tiere sei der Pflicht des Menschen gegen sich selbst entgegengesetzt. Einen ähnlichen Standpunkt vertrat auch der deutsche Philosoph Arthur Schopenhauer.
Am 31. August 2009 wird bei der UNESCO über die Aufnahme neuer immaterieller Güter entschieden. Sollte ein offizieller Antrag der Stierkampflobby und der Taurinos aller Länder eingereicht und die UNESCO die Corrida und die Fiestas Taurina als Weltkulturerbe ernennen, würde dies definitiv das Ende einer Zivilisation bedeuten. Denn mit Kultur haben diese archaischen, rohen Schauspiele nichts zu tun. Mit Sicherheit.

Diese Kolumne erschien im Internetmedium www.fricktal.ch. Mit freundlicher Genehmigung der Autorin Corinne Banora durften wir sie für SOS Galgos abdrucken.

Dienstag, August 18th, 2009, 22:38 | STIERKAMPF | kommentieren | Trackback

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