24th August 2009

Aus dem Tagebuch einer Tierschützerin, 24. August

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Carolinchen…. und der Tod der kleinen Ringeltaube

Hallo Martinchen. Heute hab ich mich furchtbar geärgert, besser gesagt, ich war in Rage. Diese Jäger. Diese verd….. Jäger.

Am Sonntagmittag fand ich eine „tórtola turca“, ich glaube, auf dt. ist es Ringeltaube, auf einer Mauer sitzen. Sie sah mich an, ich sah sie an und schon schnellte meine Hand vor und packte sie oben am Rücken über den Flügeln. Vor Schreck erbrach sie Wasser. Seltsam, dachte ich. Naja, wird der Schreck gewesen sein.

Zuhause untersuchte ich sie ein wenig und sah, dass sie seitlich etwas mit Kot verschmiert war, woraus ich schloss, dass sie vielleicht Durchfall hatte und irgendeine Magen- oder Darmkrankheit. Im Käfig fraß sie nichts, zitterte ab und zu und hatte leichte Krämpfe.

Gleich heute morgen brachte ich sie zu Loli, damit sie sie untersuchen konnte. Sie hob den rechten Flügel an…. du meine Güte!! Ein Loch von etwa einer 20-Cent-Münze!!!! Loli schimpft. Das war ein „perdigón“, eine Schrotkugel. Da hatte jemand auf dieses junge, außerordentlich hübsche Tier aus purem Vergnügen geschossen. Denn jetzt ist keine Jagdzeit.

Aus der Öffnung trat Kot, also ein Zeichen hierfür, dass die Gedärme verletzt waren, was wiederum ihr Todesurteil bedeutete. Loli meinte, dass wir ihr Antibiotika geben könnten, dass die Taube aber trotzdem binnen drei Tagen sterben könnte. Sie sprach sich für eine Euthanasie aus. Schweren Herzens übergab ich ihr das kleine Häuflein Elend und Loli verschwand mit einem bedauernden Blick nach hinten in die OP-Räume.

Während ich gen Barcelona fuhr, vergegenwärtigte ich mir meine erste Begegnung mit sp. Jägern von 21 Jahren. Es war mein erster Winter hier und ich fuhr mit meinem Wagen auf einem Landweg entlang, als plötzlich ein Goldfasan meinen Weg kreuzte. Ich war hocherfreut. Goldfasane. In Spanien gibt es wildlebende Goldfasane. Na sowas.

Doch sofort fragte ich mich auch, wieso dieses Tier wie vom Teufel gehetzt rannte, mit langgestrecktem Hals verschwand er im Unterholz. Da sah ich auch schon den Grund: So ca. 30 m links von mir hörte ich auf einmal Hundegebell im Wald und da tauchten schon Männer auf der Lichtung auf, in Jeans und T-Shirt und mit Jagdbüchsen.

Aha, so ist das. Man(n) ist auf der Jagd. Alle Mann plus Hunden gegen einen total verängstigten Fasan. Tolle Männer seid ihr. Ich wünschte dem Goldfasan viel Glück und ein langes Leben.

Als ich tags darauf meiner Klasse davon berichtete und dass ich mich über einen wilden Goldfasan in Spanien wunderte, schmunzelten sie und erklärten mir, dass dieser Fasan nicht zur üblichen Fauna Spaniens gehört, sondern dass die, die sich Jäger nennen so ca. zwei Wochen vor Jagdbeginn alles mögliche jagdbare Getier irgendwo bei Züchtern und auf Höfen kaufen und es dann in ihrem Jagdrevier aussetzen, damit sie dann was zum abknallen haben.

Ich war sprachlos. Das ist abartig. Das ist pervers. Das ist…. mir fehlt der Wortschatz. Man setzt Tiere aus, die auf Farmen und Höfen großgezogen wurden, die nicht einmal wissen, was ein Wald ist, wo und wie sie Futter und Schutz finden, nur damit diese kranken Hirne was zum abknallen haben?????????????????????????

Ich befasste mich etwas mit dem Thema und ja, es stimmt was mir gesagt wurde. Da werden Fasane, Wachteln, Kaninchen, Hasen, junge Wildschweine und Rehe gekauft, diese freigelassen und dann werden sie gejagt. Die spanische. Jágerschaft verteidigt ihr Handeln mit der Begründung, dass sie so was für den Wildbestand tun, der nämlich durch die entwischten Tiere, d.h. die, die das Glück hatten, der Hatz zu entgehen, erhöht wird.

Ja, gehts noch? Eine bessere Entschuldigung haben die nicht parat? Der Wildbestand in vielen Gegenden Spaniens ist so traurig oder einfach inexistent (bestehend meist nur aus ein paar Kaninchen) weil einfach alles ohne Sang und Klang abgeknallt wird. So sieht es aus. Und das ganze Jahr über. Kaum einer hält sich an die Gesetze. Da werden trächtige Rehe und Wildschweine abgeschossen, Fallen gestellt und … ach, es ist zum dreinschlagen.

Weisst du, wie man in Spanien an einen Jagdschein kommt? Da war ich dann total platt. Ich bin vom Land, die Jägerschaft ist mir also nicht fremd. Im Bekannten- und Freundeskreis gab es genug Jäger. Oft habe ich zugehört, wenn sie untereinander über die Jagd sprachen. Und stellte fest, dass viele wenigstens noch eine gewisse Moral und Ethik haben, auch wenn mir die Jagd vollkommen gegen den Strich geht.

Versteh mich nicht falsch. Ich will hier keine Lanze für die Jäger brechen. Ganz und gar nicht. Aber ich weiß, dass ein deutscher. Jäger erst einmal einen Jagdkurs absolviert haben muss, der sehr schwer und teuer ist und mehr als die Hälfte der Anwärter durch die Prüfung rasselt. Wenn ich mich recht erinnere, dauert der Kurs ein Jahr und in diesem müssen sie alles was die deutsche. Flora und Fauna angeht, lernen. Auch alle Gesetze, die mit Waffenbesitz zu tun haben, sowie Tierschutz- und Naturschutzgesetz. Auch weiß ich, dass ein Jäger, der einem Tier unnötiges Leiden zugefügt hat, aus der Jägerschaft ausgeschlossen werden kann. Was ich nicht weiß, ist, ob das jemals passiert ist.

Aber… jetzt kommt der spanische. Jäger. Und da wirst Du staunen, Martina. Du schnappst Dir Deinen Personalausweis, begibst Dich damit zur nächsten „comisaría“ der Guardia Civil, füllst ein Formblatt aus und… schwupp-di-wupp…. schon darfst Du auf alles ballern, was sich bewegt.

Da wird nichts über Tier- und Naturschutz gelernt, nichts über Flora oder Fauna des Landes, nichts übers Waffengesetz natürlich auch nicht und Respekt vor dem Tier schon gar nicht.

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Ein Nachbar von mir, einer, der seinen Jagdhund 14 Jahre lang in Einzelhaft auf einer Dachterrasse gehalten hat, dem er alle drei Wochen eine handvoll Futter und etwas Wasser gebracht hat, der dieses schwache Tier nur in der Jagdsaison sonntags durch den Wald gehetzt hat und danach dieses Tier regelmäßig erschöpft auf der Dachterrasse zusammengebrochen ist, ist auch so ein Fall.

Wie eben beschrieben, ein Tierquäler wie er im Buche steht und obendrein auch noch Jäger und …. jetzt kommt´s: Alkoholiker!!!!! Dieser Mann geht mit seinem Personalausweis zur Polizei und bekommt eine Jagderlaubnis. Da wird nicht weiter gefragt oder kontrolliert von seiten der Polizei. Als ich die entsprechenden Beamten einmal darauf ansprach, meinten sie, dass sie nicht jeden einer Blutkontrolle unterziehen könnten und wenn der Typ gerade nüchtern ist, wenn er auf die Wache kommt, merkt man ihm ja auch nichts an.

Ein Alkoholiker mit einer Waffe in der Hand. Das ist eine Zeitbombe, die irgendwann mal explodiert, d.h. irgendwann könnte er mal auf Menschen schießen, denn labil und aggressiv ist er zur Genüge. Oft habe ich mich mit ihm wegen seinem Hund angelegt. Aber das ist eine andere, traurige Geschichte.

Und so ein Typ, so ein Sonntagsjäger, wie es sie in Spanien zuhauf gibt, hat wohl mit seinem Gewehr, womöglich vom Balkon oder der Dachterrasse seines Hauses aus, sich einen Spaß daraus gemacht, auf Tauben zu schießen. Es gibt ja eh zu viel davon. Und eine Kugel hat dann die kleine Ringeltaube getroffen. Derart, dass sie schon mindestens schon drei oder vier Tage leiden musste, die aber wenigstens noch das „Glück“ hatte, von mir gefunden zu werden und ich sie zum einschläfern brachte. So musste sie nicht elendiglich eingehen oder in ihrem Zustand, so hilflos, von einer Katze, Hund oder noch schlimmer, von einem grausamen Kind gefunden werden konnte.

Caroline

Montag, August 24th, 2009, 23:35 | Allgemein | kommentieren | Trackback

4 Kommentare zu “Aus dem Tagebuch einer Tierschützerin, 24. August”

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  1. 1 25. August 2009, Kevin&Christina schreibt:

    Hallo Caroline was für eine traurige Geschichte die arme Taube was ein Glück das du sie gefunden hast.Du bist ein Engel der Tiere so konnte sie erlöst werden und ist jetzt über die Regenbogenbrücke gegangen.Ja diese scheiß Jäger ich hasse sie auch man muß schon ein ekelhafter Mensch sein um überhaupt auf Tiere zu schießen.Lieben Gruß von uns 4

  2. 2 25. August 2009, Gudrun_Stürmer schreibt:

    hallo caroline,
    in deutschland werden auch jedes jahr ca. 800.000 ringeltauben „legal“
    geschossen ebenso türkentauben von den stadttauben will ich gar nicht reden.
    da haben viele total perverse methoden,
    aber jetzt boomt auch das geschäft der falkner,stadttauben mit fallen einfangen
    (da hat man geld verdient) dann für hobbyschützen loslassen (nochmal geld verdient)
    aber vögel können nicht schreien und man sieht ihnen den schmerz nicht an.das ist
    ihr unglück,liebe caroline wir müssen immer weitermachen egal was passiert….
    kopf hoch gudrun

  3. 3 26. August 2009, Susanna schreibt:

    Liebe Carol,

    Es tut mir immer so Leid, dass solche grausamen Geschichten auftauchen müssen. Es wäre so schön wenn alle Lebewesen miteinander in Harmonie leben könnten. Grausame Leute gibt es überall… sensible Leute auch… . Erziehung ist wichtig, pero parece ser que estamos a mil años luz de eso. Arriba esa moral que no todo el mundo es así … no decaigas nunca… lo que tú haces es lo correcto y tienes mucha complicidad con los animales, los entiendes y los sabes cuidar. ERes GRANDE… ÁNIMO CAROL!!!!!!

  4. 4 27. August 2009, Isabelle Meyerhans schreibt:

    Ach so einfach ist es in Spanien einen Jagdschein zu erlangen? So ist dieses Land ein wahres Paradies für Sadisten, die ihre Mordlust an unschuldigen Tieren auslassen können, weil es ja nicht verboten ist. Schrecklich! Aufeinander schiessen sollten diese Monster und sich so aufs tollste vergnügen. Es wäre um keinen schade.

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