Madrid, 28.03.2010
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„Folter ist keine Kultur“, unter diesem Motto versammelten sich am vergangenem Sonntag 20 000 bis 25 000 Menschen im Stadtzentrum von Madrid, um gegen die Pläne der regionalen Regierungen von Madrid, Murcia und Valencia, den Stierkampf zum “Bien de Interes Cultural”, zum regionalen Kulturerbe zu erklären, zu schützen und zu erhalten, zu protestieren.
Nachdem die konservative Regierung von Madrid, unter der Führung der Stierkampffanatikerin Esperanza Aguirre, Anfang März ihr Vorhaben verkündet hatte, erhitzten sich die Gemüter der Stierkampfgegner und innerhalb kürzester Zeit schaffte es die eigens aus diesem Anlass gegründete Plattform La tortura no es cultura nicht nur Tierschutzorganisationen aus allen Teilen Spaniens zu mobilisieren, sondern auch noch viele weitere Tierrechtsgruppen aus anderen europäischen Ländern wie Finnland, Schweden, Eurogroup for Animals, so wie aus Mexiko und Venezuela, mit ins Boot zu holen, ganz nach dem Motto „Gemeinsam sind wir stark“.
Zu diesem Zeitpunkt konnte noch niemand ahnen, welch ein Erfolg die Kundgebung am 28. März 2010 werden sollte.
In der spanischen Tageszeitung Público.es erschien eine ganzseitige Vorankündigung der Demonstration, welche sicher auch mit dazu beigetragen hat, dass so viele Menschen denen, die keine Stimme haben, die Ihrige verliehen, den Stieren, deren einziges Schicksal ist, als sogenannter „toro de lidia“ geboren zu sein, mit der Bestimmung, einen grausamen Tod zu sterben.
Gegen 12 Uhr setzte sich am Plaza de la Villa, der von 50 Tierschutzorganisationen und zahlreichen Persönlichkeiten aus der Welt der Literatur, des Kinos und der Musik begleitete friedliche Marsch, Richtung Plaza La Puerta del Sol in Bewegung.
Lautstark sangen die Aktivisten die Devise „La tortura no es cultura“ mit, ein Satze den der größte Teil der spanischen Gesellschaft, welche sich nicht mit den „Stierfesten“ identifizieren kann, teilt.
Ausdrucksvoll gestaltete Plakate und Spruchbänder untermalten die Forderung der Abschaffung der Tauromachie. „Folter ist keine Kultur“, „ Rey porque no te callas? El Rey caza y tortura toros y en guerra y crisi ni pio.“ ( König, warum hälst du nicht endlich die Klappe? Der König jagt und quält und im Krieg und in der Krise keinen Piep.)
Der König von Spanien ist nicht nur der lange Arm der Stierkampflobby, sondern auch leidenschaftlicher Jäger, der selbst vor Safaries keinen Halt macht
Dies wundert wohl niemanden, denn Alkohol vernebelt bekanntlich die Sinne und verschleiert den Blick für das Wesentliche.
Der Marsch endete auf dem symbolträchtigen Plaza de la Puerta del Sol, dem Mittelpunkt der Stadt und ganz Spaniens mit dem Kilómetro Cero.
60 Persönlichkeiten aus der Welt der Kultur haben sich dem Manifest angeschlossen, welches von dem Filmproduzenten Juanma Bajo Ulloa, der Sängerin Cristina del Valle, den Schriftstellerinnen Ruth Toledano und Lucía Etxebarría und der Journalistin Isabel Pisano unter Aufmerksamkeit der zahlreichen Medienvertreter aus Nah und Fern, vorgelesen wurde.
Die „10 Gebote“ über einige der vielen falschen Mythen, welche die Taurinos als Entschuldigung aufführen, um ihren makaberen Ritus fortzusetzen, fanden stürmischen Beifall.
Man hat sich auf die Ausreden, dass der Stier nicht leidet oder die Rasse aussterben wird berufen, wenn die Tauromachie abgeschafft wird, erklärt, dass der Kampfstier nicht wirklich eine Rasse, sondern nur ein Tier mit bestimmten genetischen Eigenschaften ist, welches genau das gleiche Nervensystem besitzt wie der Mensch und dass dieser aufgrund dessen, das gleiche Schmerzempfinden hat wie wir.
Ebenso wurde in dem Manifest die regionalen Behörden darum gebeten, die Anträge den Stierkampf als Kulturgut zu erklären, zurückzuziehen.
„Wir bedauern, dass gewisse politische Vertreter Madrids, Murcias oder Valencias sich von dem Opportunismus haben mitreißen lassen, der sich schlecht mit ihrer Pflicht, über das Gemeinwohl zu wachen, vereinbaren lässt.“
Zudem hat man betont, dass man keinen Brauch unterstützen sollte, der Gewalt legitimiert. Es sollte nicht Schule machen, dass derartige Brutalität zum Kulturerbe erklärt wird.
„Unsere Kultur ist die der Literatur, der Philosophen, der Architektur, des Tanzes, des Sports, des Kinos und des Theaters. Wir wollen keine Kultur des Schmerzes, des Bluts und des Gebrülls eines Tieres, welches vor einem Publikum gefoltert wird. Wir verteidigen ein zivilisiertes Spanien welches sich moralisch entwickelt!“, so Ruth Toledano.
Diese Demonstration war der Anfang vom Ende der Tauromachie, ein großartiges Manifest, unwiderlegbare Wahrheiten und intelligente Menschen, die die Rechte der Tiere verteidigen, haben ein Zeichen gesetzt und die Tortur unter dem Deckmantel der Kultur so sehr in den Fokus der Öffentlichkeit gebracht wie nie zuvor.
Medienvertreter aus aller Welt, haben vom diesem denkwürdigen Ereignis berichtet, wenn auch diejenigen, die der Stierkampflobby unterstehen, versuchen die Wahrheit über die enorme Anzahl der Aktivisten zu vertuschen, sogar einige pro-Stierkampf eingestellte Fernsehsender nicht ein einziges Wort über die Demonstration verloren haben und deutsche Stierkampffanatiker sich mit ihrer verlogenen Berichterstattung geradezu lächerlich machen.
Den langsame und schmerzvolle Tod eines vorher schon psychisch und physisch geschwächten Stieres, dem bei vollen Bewusstsein Ohren und Schwanz abgeschnitten werden, als schätzenswerte Tradition zu erhalten und zu subventionieren, ist weder Bereicherung für eine Gesellschaft, noch geeignetes Leitbild für eine Erziehung von Kindern zu modernen Bürgern eines vereinten Europas, sondern eine Barberei die abgeschafft gehört.
Dies war ein historischer Tag, der ein unmissverständliches Zeichen gesetzt hat und unvergessen in die Geschichte der Anti-Stierkampf Bewegung eingehen wird!
Für mich war es eine enorme Freude und große Ehre dabei gewesen zu sein und Seite an Seite mit meinen spanischen Freunden, gegen das beschönigend „Stierkämpferkunst“ genannte Verbrechen zu kämpfen und beeindruckend zu sehen, wie viele Menschen aus aller Welt gemeinsam am selben Strang ziehen.
Stierkampf geht uns alle an, diesen als Weltkulturerbe von der UNESCO schützen zu lassen, wäre ein Skandal ohnegleichen. Die Tage der Stierkampfmafia sind gezählt.
Martina Szyszka
Siehe auch: Impressionen von der anti-Stierkampf Demonstration / Madrid 28.03.2010