Politische Verfolgung von Tierschützern in Österreich:
„Mafia-Prozess“ ohne Beweise
Mittwoch: Gefangenen-Protest in Stuttgart
Menschenrechtsaktivisten aus aller Welt haben sich zur Kampagne „Shame on Austria“ („Österreichs Schande“) gegen die derzeit stattfindende politische Verfolgung von Tierschützern in Österreich zusammengeschlossen. Im Rahmen einer weltweiten Kampagnenkette werden über den gesamten Zeitraum des auf 6 Monate angesetzten Gerichtsverfahrens Protestaktionen stattfinden. Am Mittwoch Abend demonstrieren „Gefangene“ vor der Schwabenlandhalle in Fellbach bei Stuttgart.
„Die Welt muss erfahren was in Österreich vor sich geht“, so Stephanie Goldbach, Koordinatorin der Proteste in Deutschland. „Die Welt muss erfahren, dass Österreich ein Land ist, in dem politische Aktivisten wegen Aktivitäten wie dem Organisieren von Demonstrationen oder der Äußerung unkonventioneller Meinungen mit bis zu fünf Jahren Haft rechnen müssen. Denn das ist das einzige, was die Aktivisten nicht nur frei zugeben, sondern was ihnen auch nachgewiesen werden kann.“ Für
die vorgeworfenen Sachbeschädigungen konnten trotz 12-monatigen Observierungen (Telefonüberwachung, Peilsender auf Autos, Beschattung etc.) nicht ein einziger, stichhaltiger Beweis für eine Täterschaft gefunden werden. Nicht einer der Aktivisten wurde auf frischer Tat ertappt, nicht ein Gespräch aufgezeichnet oder ein E-Mail gefunden, in dem die Tierschützer eine Straftat zugaben oder planten. „Auch DNA-Spuren gibt es nicht“, berichtet die Austria Presse Agentur. „Beweise für eine Täterschaft seitens der Aktivisten gibt es nicht.“ Doch dank des §278a („Bildung einer kriminellen Organisation“) genüge die Gesinnung (hier die Tierschutzaktivität) aus, um auf Basis eines Verdachts zu verurteilen.
Der Wiener Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk ist der Überzeugung, dass „über das Ziel hinausgeschossen“ wurde. Es scheine, als ob Druck ausgeübt worden sei, um Beweise zu schaffen. Auch Johannes Jarolim, Justizsprecher der SPÖ, hält den Prozess für „höchst bedenklich“. Im Gesetzestext würden sexuelle Ausbeutung oder Schlepperei als Beispiele genannt. Der Tierschutz sei jedoch ein gesellschaftlich anerkanntes Ziel. Der angesehene deutsche forensische Textwissenschaftler Raimund Drommel prüfte ein Gutachten der Staatsanwaltschaft, welches als Hauptbeweisstücke für die Täterschaft eines der Angeklagten gilt, und fällte ein vernichtendes Urteil: Als ob ein Blinder über Farbenlehre schreibe, „selektive Wahrnehmung mit Tunnelblick“. Es spreche mehr gegen als für eine Täterschaft. Drommel spricht von gravierenden Mängeln seitens des Gutachters. Inzwischen liegen Gutachten von vier namhaften Experten vor, die das Gutachten der Staatsanwaltschaft widerlegen. „Es ist daher höchst bedenklich, wenn dieses von Fachleuten als ungeeignet und unhaltbar beurteilte Gutachten als einzig zulässiges taugliches Beweisstück vor Gericht herangezogen wird oder es gar zu einem Schuldspruch führen würde”, so Christiane Brunner von den Grünen in Österreich. Brunner warnt davor, dass sich Österreich mit dieser Beweisführung vor Europa und der ganzen Welt blamiere, wenn das Verfahren eines Tages beim Europäischen Gerichtshof lande. Die Menschenrechtsorganisation „amnesty international“ zeigt sich irritiert darüber, dass im Prozess von einer „kriminellen Vereinigung“ die Rede ist, und mahnte, die Verhältnismäßigkeit der Mittel zu wahren.
Die Kampagne zweifelt sehr an einem fairen Verfahren: Der Anwalt der Verteidigung dürfe seit Wochen keine Beweisanträge stellen und Zeugen benennen. Stets heiße es von Richterin Arleth „heute nicht“, so dass er schließlich den Antrag stellte, in Zukunft Anträge stellen zu dürfen. Zudem ermahnte die Richterin einen Zeugen, erst dann zu antworten, wenn sie die Fragen der Angeklagten genehmigt habe. „In meinen Augen spielt sich dieser Prozess fernab von aller Rechtsstaatlichkeit ab“, so Stephanie Goldbach.
Proteste weltweit und in Stuttgart
Am Mittwoch Abend werden 5 Aktivisten in orangenen „Guantanamo“-Overalls ab 19:30 Uhr öffentlichkeitswirksam vor der Schwabenlandhalle in Fellbach bei Stuttgart auf den Tierschutzprozess aufmerksam machen, bevor der Österreicher Wolfgang Ambros dort sein Konzert geben wird.
Kampagne SHAME ON AUSTRIA – www.OesterreichsSchande.de
Stephanie Johanna Goldbach – Telefon: 01 72 / 9 99 06 39