22nd September 2011

Stierkampf – Subventionswahn der EU

Die Präsidentin der Autonomen Region Madrid und bekennende Stierkampfanhängerin Esperanza Aguirre eröffnete am 3. August das Stierfest „Feria Taurina de Málaga“ mit einer feierlichen Ansprache eröffnen.

Nachdem Esperanza Aguirre, ehemalige Bildungsministerin, die den Stierkampf am liebsten als Schulfach unterrichtet sehen würde, das blutige Stiergemetzel zum “Bien Intres Cultural”, also zum Kulturgut erklärt hat, versucht sie mit allen Mitteln den Stierkampf als Kulturgut in der autonomen Region zu fördern, hinzu kommt, dass ihr Mann Kampfstierzüchter ist und EU Subventionen für männliche Rinder erhält.

Entsetzt stellt sie Anfang Januar fest, dass “Los toros están siendo atacados de manera impresentable” (“Die Stiere werden auf nicht vertretbare Weise angegriffen”), als sie sich mit den Spitzentoreros Cayetano Rivera Ordóñez, Julián López “El Juli”, Miguel Ángel Perera, José Maria Manzanares und Alejandro Talavante traf, um mit ihnen die Zukunft und die Verteidigung des blutigen Stiergemetzels gegenüber den immer zahlreicher werdenden Stierkampfgegnern zu analysieren. Esperanza Aguirre ließ keinen Zweifel daran, dass “Fest” mit aller Macht zu verteidigen.

Stierkampf ist ein aussterbendes Geschäft, es fehlt an Nachwuchs, die Ränge der Stierkampfarenen werden immer seltener gefüllt. Laut einer offiziellen Umfrage von Gallup/IG Investiga erklären 70 % der Spanier, kein Interesse am Stierkampf zu haben oder diesen abzulehnen. Nach einer von der Junta de Castilla y León durchgeführten Umfrage sind nur 18 % der Spanier mit staatlichen Hilfen für den Stierkampf einverstanden.

Spätestens seit der Anti-Stierkampf-Demonstration am 23.03.2010 in Madrid, bei der etwa 20.000 Aktivisten lautstark „La tortura no es cultura“ („Folter ist keine Kultur“) skandierten und damit zum Ausdruck brachten, was auch die Mehrheit der spanischen Bevölkerung denkt, die sich mit „Stierfesten“ immer weniger identifizieren kann, dürfte diese Botschaft nicht nur bei den Taurinos für ernsthafte Magenschmerzen sorgen, sondern auch die Angst der Stierschlächter vor dem endgültigen Aus schüren.

Der britische Journalist Danny Pennmann veröffentlichte am 20. September 2010 den beeindruckenden Artikel „Spain’s sickening ‚blood fiestas‘ make bullfights seem tame – but the most shocking thing about them is YOU’RE paying for them“ (Im Vergleich zu den widerlichen „Blut-Fiestas“ Spaniens wirkt der Stierkampf geradezu harmlos – aber das Schockierendste an beiden ist, dass SIE dafür bezahlen), in der englischen Zeitung Daily Mail. Er zeigte sich nicht nur empört über die Grausamkeit des alljährlich am zweiten Dienstag im September in Tordesillas stattfinden Festes „Toro de la Vega“, bei dem mit Lanzen bewaffnete Männer zu Fuß und zu Pferd einen Stier jagen und töten, sondern auch über die EU-Subventionen in enormer Höhe, die direkt und indirekt in den Stierkampf fließen.

Laut seiner Recherche subventioniert die Europäische Union sogenannte Stierfeste und Stierkämpfe direkt mit 44 Mio. EUR pro Jahr. Viele Millionen gehen außerdem an Städte, die damit baufällige Stierkampfarenen renovieren. Sollte der Stierkampf zum europäischen Kulturerbe erklärt werden, wie von einigen europäischen Abgeordneten gewünscht, werden dann auch Gelder aus der europäischen Kunst- und Kulturförderung in die Tauromachie fließen. Jaqueline Foster, britische EU-Abgeordnete und Vizepräsidentin der Intergroup Tierschutz im Europäischen Parlament, sagte dazu, dass man den Briten nicht zumuten könne, den Gürtel enger zu schnallen und andererseits ihr Geld für Stierkämpfe und „Blut-Fiestas“ auszugeben.

Für jedes Lebensjahr eines Stieres erhält ein Züchter 218 €, unabhängig davon, ob das Tier der Fleischgewinnung dient oder als Kampfstier gezüchtet wird. Da in Spanien mindestens 40.000 Stiere pro Jahr qualvoll getötet werden, ergibt sich ein jährlicher EU-Zuschuss von 44 Millionen Euro. Da die neue Subventionsregelung 2005 eingeführt wurde, hat die EU „Blut-Fiestas“ und Stierkämpfe insgesamt mit 220 Millionen bezuschusst. Dies ist wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs. Spanien erhält jedes Jahr Subventionen von 5.1 Milliarden Euro und es wird befürchtet, dass dieser Betrag noch erhöht wird.

Spanische Städte und Gemeinden erhalten zusätzlich eine Reihe von EU-Zuschüssen, um ihr kulturelles Erbe zu bewahren. Pro Jahr erhält Spanien 1.3 Milliarden Euro aus dem EU-Programm für ländliche Entwicklung. Ein Teil davon wird dazu verwendet, Stierkampfarenen zu renovieren. Die EU ist so stolz auf ihre Unterstützung, dass sie in den Städten Haro (Provinz La Rioja) und Toro (Provinz Zamora) große Tafeln hat anbringen lassen, auf denen dieser Beitrag hervorgehoben wird.

Es ist praktisch unmöglich, herauszufinden, wie viel Geld genau in das blutige Spektakel fließt, weil die EU nicht sagen kann – oder will -, wie und wofür sie ihr Geld ausgibt. Nicht nur für Stierkämpfe und andere Stierspektakel zahlen europäische Steuerzahler, sondern auch für die Tötung von Kühen, Ziegen, Hühnern und Gänsen. Bis zu 15.000 Städte und Dörfer opfern Tiere als Attraktion ihrer Fiestas: Hühner, denen bei Fiestas die Köpfe abschlagen werden, in Blumentöpfen gefangene Vögel, die gesteinigt werden.

Die Europäische Kommission behauptet, dass sie wirklich nicht weiß, wie viel Geld in die Blut-Fiestas fließt. “Die Mitgliedstaaten und unsere kulturellen Partner sind verantwortlich für die Auswahl der Projekte, die wir finanzieren”, sagte ein Sprecher der Europäischen Kommission.”Wir wissen zum Beispiel nicht, wenn eine Stierkampfarena mit unserer Hilfe renoviert wird, ob dort Stierkämpfe stattfinden oder nicht.” Vielleicht ist diese Haltung nicht überraschend, da die EU-Rechnungslegung notorisch undurchsichtig ist. Unabhängige Wirtschaftsprüfer haben die Buchführung von 13 der vergangenen 15 Jahre bemängelt, weil sie nicht den tatsächlichen Ausgaben entspricht. Solche Sätze werden nur bei Inkompetenz oder Korruption – oder bei beiden verwendet.

“Es ist unmöglich zu sagen, wie viel Geld abgeschöpft wird “, sagt Tony Moore, Direktor der britischen Tierschutzorganisation Fight Against Animal Cruelty in Europe. Er ergänzte, dass die Organisatoren von Stierspektakeln mit der neuen Subventionsregelung zufrieden sind und dass Fiestas und Stierkämpfe bis in die oberesten Ebenen der EU unterstützt werden. Der portugiesische Präsident der Europäischen Kommission José Manuel Durão Barroso ist ein eifriger Unterstützer. Als er noch Ministerpräsident Portugals war, kippte er das seit 76 Jahren bestehende Verbot des tödlichen Stierkampfs in Portugal. Tierschützer befürchten, dass noch mehr Geld fließen wird, wenn die Tauromachie ein offizielles europäisches Gütesiegel erhält.

Auch die Europaabgeordnete Franziska Keller widmete sich intensiv dem Thema Subventionen und erklärte, dass diese Hilfen sich auf einen Betrag von 600 Millionen Euro pro Jahr belaufen. Dabei ist hervorzuheben, dass große Summen dieser Subventionen in die Hände derjenigen gelangen, die zu den reichsten Bürgern Spaniens gehören. Nach Informationen der Zeitschrift „Tiempo“ erhalten von diesen 600 Millionen Euro sieben spanische Großbesitzer ebenso viel Geld wie 12.700 kleine Landwirte. Als Beispiel: im letzten Jahr erhielt die Duquesa de Alba 1,1 Millionen, die Familie Mora Figueroa 5,5 Millionen, Mario Conde 458.000, Alberto Alcocer 316.000 und Botín 315.000 Euro.

Schon seit mehreren Jahren arbeitet die Stierkampflobby an dem Ziel, den Stierkampf als Immaterielles Weltkulturerbe unter den Schutz der UNESCO stellen zu lassen. “Proyecto Tauromaquia de la UNESCO”, so nennen sie das Projekt, mit dem sie das Gütesiegel der UNESCO für eine der entsetzlichsten Tierquälereien erschleichen wollen, um in den Stierkampfarenen weiterhin Stiere zu Tode quälen zu können, ungehindert und möglichst für immer. Fieberhaft arbeiten Stierkampforganisationen aus der ganzen Welt an diesem unheilvollen Projekt – ihren Antrag für die Aufnahme in die Liste der schützenswerten immateriellen Kulturgüter haben sie inzwischen bei der UNESCO eingereicht.

Stierkampf geht uns alle an, die Kampfstiere werden weiterhin auch mit unseren Steuergeldern von der EU subventioniert, es liegt an uns allen, diese Barbarei endlich abzuschaffen. Nicht der Schutz der morbiden Tierquälerei, sondern die Abschaffung derselben wäre somit eine überaus schützenswerte Kulturleistung.

Allgemein, STIERKAMPF | 2 Kommentare

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SOS Galgos - 2011 September 22

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